Schutz der Menschenwürde
Deutschland hat eine Vielzahl von Gesichtern. Unterschiedliche Geschlechter, unterschiedliche Alter, unterschiedliche Herkünfte, unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Religionen und Weltanschauungen, unterschiedliche kulturelle Zugehörigkeiten. Das macht Deutschland so besonders, vielfältig, weltoffen, wirtschaftlich stark und zukunftsfähig aus.
Jeder Einzelne von uns, der in diesem Land lebt, arbeitet und seinen gesellschaftlichen Beitrag leistet, ist einzigartig, würdig und wertvoll, einfach Mensch.
Wie Immanuel Kant uns aufklärte, alles hat einen Wert, der Mensch aber hat eine Würde; was eine Würde hat, das ist immer wertvoll; ein Mensch ist immer wertvoll.
Menschenwürde bedeutet, dass jeder Mensch wertvoll ist, weil er ein Mensch ist. Und alle Menschen sind wertvoll, da sie eine Würde haben.
Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland lautet:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Artikel 1 des Grundgesetzes schützt den Menschen in seiner Würde.
Der Schutz der Menschenwürde ist ein klassisches Abwehrrecht. Das bedeutet: alle Handlungen, die die Menschenwürde beeinträchtigen sind verboten. Die Würde jedes einzelnen Menschen darf auf keinen Fall verletzt werden.
Die Grundrechte schützen Menschen aber auch vor dem Staat. Deshalb müssen alle, die für den Staat arbeiten, die Würde aller Menschen schützen,
- egal, aus welchem Land sie kommen,
- egal, welche Religion sie haben,
- egal, ob sie Frauen oder Männer sind,
- egal, wie alt sie sind,
- egal, ob sie eine Behinderung haben.
In persönlicher Hinsicht umfasst der Schutzbereich der Menschenwürde zunächst Jedermann, also alle Menschen, die in Deutschland leben, sind im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hat den Schutzbereich der Menschenwürde wie folgt beschrieben: Jeder Mensch besitze als Person eine Würde ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seinen körperlichen oder geistigen Zustand, seine Leistungen und seinen sozialen Status.
Der Staat darf niemanden in seinen Grundrechten verletzen. Jeder, wer denkt, dass der Staat seine Grundrechte verletzt, kann bei einem Gericht klagen. Das Gericht wird dann prüfen, ob der Staat die Grundrechte verletzt hat.
Der in Artikel 1 I des Grundgesetzes verankerte Schutz der Menschenwürde steht nicht grundlos an erster Stelle des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Vielmehr hat der Schutz der Menschenwürde eine derart herausragende Rolle und Wichtigkeit, dass sie sich als alles beherrschende Aussage über alle Grundrechte legt und mittelbar auf diese einwirkt.
Als oberstes Gut der Verfassung und höchster Rechtswert in Deutschland kommt der Schutz der Menschenwürde eine Sonderstellung zu, so dass es in keinerlei Weise berührt werden darf. Aufgrund seiner Wichtigkeit unterliegt es nach Art. 79 III des Grundgesetzes auch der Ewigkeitsklausel. Das bedeutet: Artikel 1 I des Grundgesetzes kann niemals aufgehoben werden. Der Schutz der Menschenwürde ist “ewig“, das heißt, er ist wirksam, solange das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gilt.
Der Schutz der Menschenwürde besitzt zwei Funktionen. Zum einen dient es als Abwehrrecht gegen verletzende staatliche Maßnahmen, wendet sich also unmittelbar gegen den Staat; zum anderen dient es aber auch dem Schutz gegen Verletzungen durch Dritte, wodurch ein Schutzanspruch durch den Staat gewährt wird.
In Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I folgt aus dem Artikel 1 I des Grundgesetzes zudem ein Leistungsanspruch gegen den Staat auf Gewährleistung des Existenzminimums.
BVerfGE 49, 286 = 1 BvR 16/72
Art. 1 Abs. 1 GG schützt die Würde des Menschen, wie er sich in seiner Individualität selbst begreift und seiner selbst bewusst wird. Hierzu gehört, dass der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann.
BVerfGE 30, 173 = 1 BvR 435/68
Die Menschenwürde knüpft an die Persönlichkeit und den sich daraus ergebenden Achtungsanspruch des Menschen an. Daher erlischt die Menschenwürde auch nicht mit dem Tod.
BVerfGE 125, 175 = 1 BvL 1, 3, 4/09
Die Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.
BVerfGE 109, 279 = 1 BvR 2378/98, 1084/99
Eine Grundgesetzänderung, die die Menschenwürde antastet, ist verfassungswidrig. Der Schutz der Menschenwürde wird auch in einzelnen Grundrechten konkretisiert. Die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) hat einen engen Bezug zur Menschenwürde. Die akustische Wohnraumüberwachung zu Strafverfolgungszwecken verstößt dann gegen die Menschenwürde, wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht respektiert wird.
BVerfGE 140, 317 = 2 BvR 2735/14
Die Bundesrepublik darf an einer Verletzung der Menschenwürde durch andere Staaten nicht mitwirken oder diese (bspw. durch eine Auslieferung) ermöglichen.
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